Die Rolle der Frau im Alten Testament

Im Alten Testament begegnen und Frauen aus fast zweitausend Jahren, eine erstaunliche Fülle von verschiedenen Persönlichkeiten. Viele von Ihnen haben wir schon im Kindergottesdienst kennengelernt. Am Anfang steht Eva, die Mutter alles Lebendigen. Die Priesterschrift berichtet in 1. Mose 1: „Gott schuf sich ein Ebenbild, den Menschen. Als Mann und Frau schuf er sie. Er segnete sie und forderte sie auf, die Erde zu füllen und sie sich Untertan zu machen.“ Gemeinsam empfangen Mann und Frau den Segen. Nur gemeinsam konnten sie ihren Auftrag erfüllen. Im Paradies gab es keine Abwertung der Frau, keine Unterordnung. Das ist das Ideal.

Am Ende der alttestamentlichen Zeit heißt es: „Die Frau im antiken Judentum lebt weltabgeschlossen, ihrem Mann ausgeliefert, auf das Haus beschränkt, nicht kulturfähig.“ Wie konnte es dazu kommen? 1. Mose 3 erklärt: als Folge des Sündenfalls entsteht Feindschaft, Abhängigkeit, Unterordnung der Frau unter den Mann. Eva ist an allem schuld – schließlich hat sie Adam zum Ungehorsam verführt.

Soweit wir zurückblicken können, geht die biblische Überlieferung davon aus, dass die Frau von einem Mann abhängig ist. Aus der Gewalt ihres Vaters geht sie in die des Ehemannes über. Aus manchen Texten kann man noch Anklänge an eine mutterrechtliche Zeit herauslesen, aber sie hatten für die geschichtliche Entwicklung keinen Einfluss mehr. Übrigens lebten auch die Männer im Familienverband unter der Oberhoheit des Ältesten. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, persönliche Freiheit einzufordern. Nur gemeinsam ließen sich die Herden durch die Steppen treiben und gegen Feinde verteidigen.

Aus der Väterzeit kennen wir die Geschichten von Sarah, Rebekka, Rahel und Lea. Schöne, selbstbewusste Frauen waren das, die ihre Probleme zu lösen wussten. Bedauernswert waren sie nicht, auch wenn ihr Leben mühsam genug war. Sarah hat Könige überlistet und die Engel Gottes ausgelacht. Rebekka konnte einen Fremden am Brunnen stilvoll begrüßen und ins Haus ihres Vaters einführen. Mit großer Schläue hat sie dafür gesorgt, dass ihr Lieblingssohn zum Nachfolger seines Vaters wurde. Auch Rahel und Lea hatten es faustdick hinter den Ohren. Rahel brachte es sogar fertig, ihrem eigenen Vater den Hausgötzen zu stehlen, als Jakob mit seiner Familie heimlich abreiste.

Im Spruchbuch haben wir gelesen, wie die ideale jüdische Frau gesehen wird: sie ist Hausfrau und Mutter. Tüchtig, fleißig, pflichtbewusst steht sie ihrem Hauswesen vor. Ihrem Mann, ihrer Familie, aber auch den Bedürftigen wendet sie sich liebevoll zu. Sie mehrt das Vermögen und kann sogar selber einen Acker oder einen Weinberg kaufen. Das Ansehen ihres Mannes steigert sich durch ihre Tüchtigkeit. Alles Gute, das von ihr ausgeht, wird zusammengefasst in dem Begriff: „Gottesfurcht“.

Sie hatte die Verantwortung oft für Dutzende von Personen, und dazu gehörten unter Umständen die Schwiegermutter, Nebenfrauen und Sklavinnen. Wo so viele Menschen beieinander wohnen, gibt es leicht Reibereien und Kummer. Hinzu kommt, dass die Frau verantwortlich war für die Reinheit der Familie. Reinheit der gesamten Lebensführung wird durch das göttliche Gesetz angeordnet und genau festgelegt. Was darf gegessen werden; wie müssen die Gefäße beschaffen sein, in denen Speisen zubereitet werden? Welche Mischungen von Materialien sind verboten bei Nahrung und Kleidung? Welche Personen des Haushaltes sind zurzeit unrein und müssen besonders behandelt werden? Wie kann die Reinheit im Einzelfall wiederhergestellt werden? Solche und viele ähnliche Fragen konnten die verantwortliche Leiterin des Familienbetriebes in Trab halten. Man durfte keine Fehler machen, denn Schlamperei konnte Unglück nach sich ziehen. Bis heute ist die jüdische Frau auch für die Gestaltung der Sabbatfeier im eigenen Haus verantwortlich. Sie hat also durchaus religiöse Pflichten.

Wie sah der Lebenslauf einer unauffälligen Frau aus? Wenn ein Mädchen geboren wurde, war das kein Anlass zu besonderem Jubel. Interessant wurde es erst, wenn es etwa zwölf Jahre alt war. Dann musste ein Bräutigam gesucht werden. Das Alte Testament erzählt eine ganze Reihe von Geschichten von Männern, die ihre Frauen aus Liebe geheiratet haben. Wir denken an Jakob und Rahel, an Samson und (das Mädchen aus dem Land der Philister), an David und Bathseba. Normalerweise aber ist es Sache des Vaters gewesen, eine Frau für seinen Sohn auszusuchen. Die Zustimmung der künftigen Eheleute war dazu nicht unbedingt notwendig. Die Mitgift zahlte der Vater des jungen Mannes an die Familie der Braut. Sie richtete sich nach der sozialen Stellung und dem Reichtum der Familie. Es ging hier also um ein Geschäft: der Preis der Verlobten bestimmte ihr soziales Ansehen und ihre Stellung im Harem. Auch die Aussteuer der Braut war ein wichtiger Verhandlungspunkt. Der Preis für eine Jungfrau wurde im 5. Buch Mose mit fünfzig Silberstücken festgelegt. Ein stolzer Preis! Hatte der Bräutigam nicht genug Geld, konnte er sich auch bei seinem künftigen Schwiegervater als Arbeitskraft anstellen lassen. Wir erinnern uns, dass Jakob vierzehn Jahre lang für seine geliebte Rahel arbeiten musste.

Die Hochzeitsfeier gab Anlass zu einem Hochzeitszug, einem Festessen und zu Segnungen. Über Einzelheiten berichtet das Buch Tobias. Der Erfolg der Ehe bewies sich in der Geburt von Kindern. Durchschnittlich hatte damals eine Frau fünf bis sechs Kinder. Unfruchtbarkeit war katastrophal. Teils wurde sie auf Verfehlungen der Eheleute zurückgeführt, teils ging sie einem besonderen Heilshandeln Gottes voraus – aber das konnte man eben nie wissen. So war der Kummer groß bei Sarah, bei Rahel, bei Hanna, bevor die Söhne eintrafen.

Allgemein wurde vorausgesetzt, dass ein Mann mehrere Frauen hatte. Nicht immer entsprach das den Wünschen des Mannes. Jakob etwa musste zuerst Lea heiraten, weil sie als ältere Tochter zuerst an der Reihe war. Beide Schwestern schoben Jakob auch noch ihre Sklavinnen zu, um ihre Kinderzahl und damit ihren Einfluss zu erhöhen. So hatte der Mann, der Rahel liebte, einen Harem von (mindestens) vier miteinander konkurrierenden Frauen. Ganz ähnlich hatte auch Sarah schon das Problem ihrer Kinderlosigkeit gelöst: ihre Sklavin Hagar musste den Sohn zur Welt bringen, der Sarah verwehrt war. Trotz allem wurde Sarah bis ans Ende ihrer Tage von ihrem Mann geliebt. Offenbar verhinderte die Vielzahl verfügbarer Frauen nicht die Entstehung tiefer persönlicher Bindungen zwischen einem Mann und einer Frau. Die herrliche Sammlung von Liebesliedern – das sogenannte Hohelied – zeigt uns, wie tief und innig Liebende miteinander verbunden sein konnten. Auch die Frau durfte ihre Liebe in zarte oder offene Worte fassen. Sie wurde durchaus nicht als Lustobjekt ihres Mannes missverstanden, sondern als Partnerin in der gemeinsamen Freude gepriesen.

Ein besonderes Kapitel sind die sogenannten Leviratsehen. War ein Mann kinderlos verstorben, so hatte seine Witwe das Recht, von dessen Bruder übernommen zu werden. Etwaiger Nachwuchs trug den Namen des Verstorbenen. Die Erfüllung dieser Pflicht konnte lästig sein. Wir erfahren, wie Tamar durch (eine) List ihr Ziel dennoch erreicht hat. Erst in der Königszeit konnten Männer der Leviratsehe entgehen, indem sie sich einer peinlichen öffentlichen Schmähung unterzogen. Wie qualvoll das Leben der Frauen miteinander sein konnte, erzählt eindrucksvoll die Geschichte von Hannah, der Mutter des Propheten Samuel.

Wie Frauen gut miteinander lebten, einander die Treue hielten und zum Erfolg verhalfen, erzählt uns das Buch Ruth. Der Tod einer geliebten Frau ist Grund zu großer Trauer. Wir erfahren, dass Abraham extra eine Grabstätte in Hebron kaufte, um Sarah würdig zu bestatten. Von Rahels Sterben wird genau berichtet. Ihr Grab wurde mit einem Stein gekennzeichnet, der noch lange zu finden war.

Wie das Leben im Haushalt, so war auch das Sexualleben mit Geboten und Verboten aller Art geregelt. Am Bekanntesten ist das Verbot des Ehebruchs im 7. Gebot. Ob Mann oder Frau, wer sich erwischen ließ sollte gesteinigt werden. Darüber hinaus war genau geregelt, wer mit wem verheiratet werden durfte.

Das Leben der meisten Frauen bewegte sich im bisher abgesteckten Rahmen des Hauses, der Familie. Einzelne Frauen aber wurden herausgerufen zu besonderem Dienst für das Volk Gottes. Sie griffen energisch ein, wenn Not am Mann war. So übernahm Moses Schwester Miriam gemeinsam mit Bruder Aaron das Kommando, als Mose auf dem Sinai verschollen war. Debora, die Prophetin, hatte ihren Stammplatz unter einer hohen Palme zwischen Rama und Bethel. Zu ihr kamen die Israeliten hinauf, um sich Recht sprechen zu lassen. Als das Volk vom König von Kanaan bedrängt wurde griff Debora nicht selbst zu den Waffen. Aber sie wählte einen Mann namens Barak zum Heerführer. Barak gelang es, die Kanaanäer zu schlagen. Das Siegeslied wurde von Debora angestimmt. Das heißt: sie blieb die Mutter des Sieges, Barak nur ihr Werkzeug.

Andere Frauen haben auch eigenhändig gemordet, wenn es um das Wohl Israels ging. So stieß eine Frau einen Mühlstein von der Stadtmauer und erschlug damit Abimelech, der sich eigenmächtig (selbst) vom Richter zum König befördert hatte. Jael trieb dem Feldherren Sisera einen Zeltpflock ins Gehirn, als dieser in ihrem Zelt rastete. Von Judith wird erzählt, dass sie zum Schwert griff und Holofernes enthauptete. Das Alte Testament äußert keine Missbilligung wegen dieses (aus heutiger Sicht vielleicht) unweiblichen Verhaltens.

Auch von Königinnen wird berichtet. Wir kennen die Geschichten von Davids berühmtesten Frauen, von der spöttischen Michal, der klugen Abigail und von der schönen Bathseba. Zu Salomo kam die Königin von Saba. Isebel trieb neben König Ahab ihr Unwesen. Athalja riss sogar für 7 Jahre die Alleinherrschaft an sich, während ihr Enkel Joas noch ein Kleinkind war. Esther schließlich, eine sagenhafte Königin in Persien, rettete die ganze jüdische Bevölkerung im Lande durch ihr mutiges Auftreten. Viele andere Frauen, die zum richtigen Augenblick in die Politik eingriffen, müssen unerwähnt bleiben. Gott hat sie benutzt, um seinem Volk zu helfen. Auch von Prophetinnen weiß das Alte Testament. Namentlich werden (wie erwähnt) Moses Schwester Miriam, die Richterin Debora und (außerdem) eine gewisse Hulda als Prophetinnen genannt. Wenn Gott seinem Volk eine spezielle Botschaft zukommen lassen wollte, beauftragte er gelegentlich auch eine Frau.

Frauen sind als Dichterinnen bekannt geworden. Zu den ältesten Büchern im Alten Testament gehören das Miriam-Lied, das den Sieg Gottes über die Ägypter am Schilfmeer besingt und das Debora-Lied, das den Sieg des Gottesvolkes über die Kanaanäer feiert. Mit dem Ende der Landnahme in Kanaan, mit der Einrichtung des Königtums und dem Tempelbau enden die Geschichten über große Frauengestalten im Alten Testament - mit Ausnahme einiger Sagen. Was danach kommt, ist eher trostlos. Während die braven, gesetzestreuen Frauen in den festen Häusern verschwanden, spottete der Prophet Jesaja über die feinen Damen, die den Reichtum ihres Mannes zur Schau trugen, folgendermaßen:

„Weil die Töchter Zions stolz sind und gehen mit aufgerecktem Hals, mit lüsternen Augen, trippeln daher und tänzeln und haben kostbare Schuhe an den Füßen, deshalb wird der Herr den Scheitel der Töchter Zions kahl machen, und der Herr wird ihre Schläfen entblößen. Zu der Zeit wird der Herr den Schmuck an den kostbaren Schuhen wegnehmen und die Stirnbänder, die Spangen, die Ohrringe, die Gürtel, die Riechfläschchen, die Amulette, die Fingerringe, die Nasenringe, die Mäntel, die Tücher, die Täschchen, die Spiegel, die Hemden, die Kopftücher, die Überwürfe. Und es wird Gestank statt Wohlgeruch sein..."

Es sieht so aus, als verabscheuten manche Propheten die Frauen mit einem heiligen Zorn. Die Frau wurde als Quelle alles Übels erkannt. Sie ist die große Verführerin. So wie sie Adam zum Ungehorsam gegen Gott gebracht hatte, so verführte sie jetzt ihre eigene Familie - wozu? Zur Verehrung der Götter Kanaans.

Das Eindringen fremder Frömmigkeit wurde besonders durch Einheirat kanaanäischer Frauen gefördert. Diese kannten sich aus mit den Göttern, die Fruchtbarkeit schenken sollten. Sie kannten die große Himmelsgöttin und ihren Gemahl, der jeden Herbst starb und jedes Frühjahr neu geboren wurde, um immer wieder zu sterben und aufzuerstehen. Die Ehe dieses Götterpaares wurde in Fruchtbarkeitskulten abgebildet, wozu auch die sakrale Prostitution gehörte. Die ungeheure Wucht der Empörung gegen alle Formen der Fruchtbarkeitsreligionen entstand bei den Propheten nicht aus moralischen Bedenken gegen den Zerfall der guten Sitten. Ihr Grund ist religiös: wer den Gott der Väter Israels verlässt, der verliert die tiefste Kraftquelle des Volkes und trägt zu seiner Auflösung bei.

Im Laufe dieser Auseinandersetzung wurden sogar die Symbole des Weiblichen mit Misstrauen angesehen und soweit möglich auf den Gott Israels übertragen. Nicht die Göttin ist Schöpferin und Erhalterin der Erde, sondern Gott. Er hat Sonne, Mond und Sterne an den Himmel gesetzt und hält sie in Gang. Er gibt Segen und sorgt für Fruchtbarkeit bei aller Kreatur. Sogar für die Schwangerschaften der Frauen - sonst die ureigenste Domäne weiblicher Gottheiten - ist Gott persönlich zuständig.

Viele Feste, die ursprünglich das Sterben und Wiederbelebt werden der Natur mit sexuellen Orgien feierte, werden auf die Geschichte Israels bezogen. Gott braucht keine Unterstützung seiner Schöpferkraft durch heilige Hochzeiten und tempeleigene Prostituierte. Ja, er wehrt sich erbittert gegen derartige Versuche und bestraft die Könige und das Volk, die sich nicht belehren lassen wollen mit neuen (in die) Geschichte (eingegangenen) Taten. Das Nordreich ist untergegangen, weil es nicht ablassen wollte von den weiblichen Gottheiten – so deuten es die Propheten.

Im Reich Judäa wurden die Frauen immer unbedeutender. Im neugebauten Tempel durften sie zunächst noch bei ihren Männern stehen und der Verlesung des Gesetzes zuhören. Aber selbstverständlich gab es keine Priesterinnen, keine Tempeldienerinnen, keine Tänzerinnen, keine Psalmendichterinnen. Es gab nur noch Verführerinnen, vor denen man sich hüten sollte. Nach der Rückkehr Judäas aus der Babylonischen Gefangenschaft wurden die Stadt Jerusalem und der Tempel neu aufgebaut. Esra veranlasste alle Männer, sich von ihren nichtjüdischen Frauen scheiden zu lassen. Die Reinheit des neuen Anfangs sollte garantiert werden durch die Reinheit der Abstammung. Gott versuchte es noch einmal mit seinem Volk – aber anscheinend nur noch mit den Männern. Die Frauen wurden im wiederaufgebauten Tempel in den Vorhof der Frauen verbannt. Im Buch Esther lesen wir von einem „Gesetz der Perser und Meder“, nach dem „der Mann in seinem Hause der Herr sein soll.“

Das war dann wohl (zunächst einmal) das Ende jeder freien Entfaltung im Leben einer Frau.

Die Rolle der Frau im Neuen Testament

In diese Misere hinein klang der Ruf Jesu. Er war eigentlich kein neues Programm für die Frauen. Eher glich er der Wiederherstellung der alten Verhältnisse vor der Königszeit. Jesus nahm die Frauen als Persönlichkeiten ernst. Er redete mit Ihnen. Er nahm ihren Dienst entgegen. Er rechnete damit, dass sie seinem Bußaufruf gehorchten und dadurch bereit wurden für die Herrschaft Gottes. Wie alle benachteiligten Gruppen, wie Zolleintreiber und stadtbekannte Sünder, wie Arme und Aussätzige, so wurden auch die Frauen eingeladen, an der bevorstehenden Freude des Gottesreiches teilzunehmen. Sie erlebten Wunder der Heilung; einige konnten ihr verkorkstes Leben neugestalten; sie fanden Gemeinschaft im Kreis der Glaubenden. Die durch das Gebot Gottes geheiligten Bindungen wurden nicht zerrissen. Es entstand kein soziales Chaos. Das Verbot der Ehescheidung ist von Jesus sogar verschärft worden. Bislang war es nur den Frauen verwehrt gewesen, ihren Mann zu verlassen. Jesus forderte auch von den Männern, es auf Dauer mit den ihnen angetrauten Frauen auszuhalten. So gab es auch keine umherschweifenden Horden von begeisterten Jüngerinnen. Aber an jedem Ort fand die Verkündigung Jesu (Hörerinnen und Hörer), und manche Frau stellte ihr Haus und ihr Vermögen zur Verfügung für die Bedürfnisse des Herrn und seiner Nachfolger. Wir hören von verschiedenen Frauen namens Maria, von Martha, Salome und Johanna. Eine ganz wichtige Rolle bekam Maria (Magdalena): sie war die Zeugin dafür, dass Jesus auferstanden war. Mit ihr hat – wie in alter Zeit – der Engel des Herrn geredet. Sie hat den Jüngern weitergesagt, wie das Verschwinden des Toten zu deuten sei – und sie haben ihr teilweise sogar geglaubt.

Die Apostelgeschichte erzählt vom Pfingstgeist, der nach alttestamentlicher Prophezeiung auf die Söhne und Töchter Israels ausgegossen wurde. So konnten anschließend Knechte und Mägde prophezeien. Alle wurden frei, auf ihr Hab und Gut zu verzichten, und als ein Ehepaar einen Betrug plante, wurden Mann und Frau getrennt zur Rechenschaft gezogen. Auch Saphira wurde gefragt: „Warum wollt ihr den Heiligen Geist betrügen?“ Sie konnte sich nicht hinter dem Rücken ihres Mannes in Sicherheit bringen und erlitt ihre Strafe für ihre eigene Bosheit.

Die Versorgung von Witwen wurde zu einer wichtigen Aufgabe. Es mussten eigens Diakone dafür eingesetzt werden. Den Witwen von Joppe (heute Jaffa) zuliebe wurde sogar die verstorbene Wohltäterin Dorka oder Tabita auferweckt. Auch Frauen waren Wunder wert; wie im Alten Testament und zur Zeit Jesu. Die Bekehrung der Purpurhändlerin Lydia – ihre Taufe mit allen, die von ihr abhängig waren – ist wichtig genug, um berichtet zu werden; ebenso die Heilung einer wahrsagenden Magd. In Athen ist der Name einer einzigen Bekehrten bewahrt worden: sie hieß Damaris. Sogar Prophetinnen sind wieder aufgetreten, etwa die vier Töchter des Philippus. So führte der Geist Gottes dazu, dass Frauen wieder in einer direkten Beziehung zu Gott lebten, selber glaubten, anderen Menschen das Glauben ermöglichten, aus Glauben gute Werke taten, Wunder erlebten und in Gottes Auftrag vor der Gemeinde sprachen. Alles war wie in den besten Zeiten der alttestamentlichen Zeit. Gekrönt wird das alles, als der Apostel Paulus einen Gedanken Jesu wieder aufnimmt: „Im Reich Gottes zählt es nicht mehr, ob jemand als Jude oder Grieche, als Sklave oder Freier, als Mann oder Frau geboren ist.“ Damit sind die Verhältnisse wieder so wie ganz im Anfang, als Gott den Menschen zu seinem Ebenbild schuf, Mann und Frau miteinander segnete und beauftragte.

Leider hielt es die Gemeinde nicht aus, auf diesem hohen Niveau zu bleiben. Missbrauch der Freiheit führte wieder zu Unordnung, zu Verdächtigungen, zum Zurückdrängen der Frauen. Nicht im Namen Gottes, aber im Namen von Brauch und Sitte wurden die Frauen wiederum mundtot gemacht. Zur Ehrenrettung des Apostels Paulus muss gesagt werden, dass er daran nicht die meiste Schuld trägt. Vieles wird unter seinem Namen überliefert, was gar nicht von ihm stammt. Er selbst nennt am Schluss seiner Briefe noch viele Frauen als treue Mitstreiterinnen. Priscilla wird sogar von ihrem Mann Aquila genannt.

Im Lauf der Zeit wurde der Dienst der Frauen auf die Frauenarbeit beschränkt. Was es mit dem Amt der sogenannten „Gemeindewitwen“ auf sich hatte, ist nicht deutlich. Je mehr die Kirche – auch durch das Blut ihrer Märtyrerinnen – wuchs, desto mehr wurden Frauen wieder nur Teilnehmerinnen an den schönen Gottesdiensten der Herren.

Die Kirche wurde wieder frauenfeindlich. Sie konnte nur noch jungfräuliche Nonnen gebrauchen. Den Priestern wurde die Ehe verboten, um die Reinheit des Gottesdienstes zu gewährleisten. Nur tote Frauen konnten als Heilige zu hohen Ehren kommen, allen voran Maria, die zur Gottesmutter und zur Himmelskönigin (hochstilisiert) wurde.

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